Betriebliche Corona-Teststrategie
Betriebliche Teststrategie
Im betrieblichen Kontext kann der Einsatz von Antigen-Tests in der Pandemiebekämpfung vor allem dort nützlich sein, wo viele Menschen zusammenkommen und ihr Einsatz ein frühzeitiges Unterbrechen von Infektionsketten unter den Beschäftigten ermöglicht. Im Fokus der betrieblichen Teststrategie steht dabei, die Entstehung eines Hotspots zu verhindern.
Bei den zugelassenen Antigen-Selbsttests unterscheidet man zwischen den z. Z. noch überwiegend eingesetzten Nasenabstrich-Tests und den neueren Spucktests (Speichel-Tests, Sputum-Tests), die für Laien einfacher und verletzungssicherer zu handhaben sind. Bei den Nasenabstrich-Tests für Laien wird das Probe-Stäbchen im Unterschied zu professionellen Schnelltests nur noch in den vorderen Nasenraum eingeführt (Eindringtiefe ca. 1,5 – 2,5 cm) und dort mehrfach gedreht. Ein Kontakt zur Rachenwand ist bei den Laientests nicht vorgesehen.
Als Ergebnis ist die Verfärbung eines Teststreifens abzulesen, auf den die Probe aufgebracht wird. Beim Einsatz von Antigentests im Rahmen eines betrieblichen Hygienekonzeptes müssen die Pandemieregeln Regeln Abstand halten, Hygiene beachten, Masken tragen und Lüften (AHA + L) weiterhin eingehalten werden, da ein negatives Testergebnis eine SARS-CoV-2-Infektion nicht ausschließt. Es ist lediglich weniger wahrscheinlich, dass die betroffene Person zum Zeitpunkt der Testung infiziert und damit für andere ansteckend ist. Zeigt der Antigen-Test ein positives Ergebnis an, ist in jedem Fall der Verdacht auf eine SARS-CoV-2-Infektion gegeben. Betroffene Beschäftigte sollten sich umgehend zumindest in Selbstquarantäne begeben, oder eine Ärztin/einen Arzt kontaktieren und das Ergebnis durch einen PCR-Test überprüfen lassen.
Bevorzugter Einsatz von Antigen-Tests im Betrieb:
Erhöhter Kundenkontakt von Beschäftigten
Wenn Beschäftigte erhöhten Kundenkontakt haben, ist es sinnvoll, möglichst häufig und regelmäßig einen Antigen-Selbsttest durchzuführen, da durch den häufigen Kontakt zu Kund(inn)en das Infektionsrisiko steigt. Die Einsatzhäufigkeit der Selbsttests sollte bei extremer regionaler 7-Tages-Inzidenz gesteigert werden. In Ergänzung zur AHA-L Regel helfen Antigen-Selbsttests bei häufigen Außenkontakten, Infektionsketten frühzeitig zu erkennen und die Ansteckung weiterer Beschäftigter zu verhindern.
Wechselnde Teams
Wird in einem Unternehmen in Teams oder Schichten gearbeitet und die Zusammensetzung dieser Gruppen wechselt, empfiehlt sich ebenfalls die Nutzung von Antigen-Selbsttests. Es sollten sich dann alle Beschäftigten selbst testen, die sich in neuen Teams oder Schichten zusammenfinden – kurz bevor sie die gemeinsame Arbeit aufnehmen. Durch Selbsttests bei einem Team-/Schichtwechsel kann verhindert werden, dass eine möglicherweise infizierte Person in eine neue Gruppe gelangt und die dortigen Kolleginnen und Kollegen ansteckt.
Tätigkeiten in infektionskritischem Arbeitsumfeld
Manche Beschäftigte können als Dienstleister in einem Arbeitsumfeld tätig sein, in dem ein erhöhtes Infektionsrisiko vorliegt, z. B. bei Tätigkeiten in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen, in denen infizierte Personen behandelt werden oder leben. Das kann auch in Betrieben der Fall sein, bei denen es aktuell zu vermehrten Corona-Infektionen gekommen ist. In einem solchen Umfeld ist der Einsatz von Antigen-Selbstests sinnvoll, um Infektionsherde einzudämmen und Ansteckungen zu vermeiden.
Rückkehr von Dienstreisen aus Risikogebieten
Wer von einer Dienstreise aus einem Corona-Risikogebiet zurückkehrt, war dort einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt. Um zu prüfen, ob sich Beschäftigte während ihrer Dienstreise mit COVID-19 infiziert haben, kann es sinnvoll sein, nach ihrer Rückkehr und vor dem ersten Kontakt mit anderen Kolleginnen und Kollegen ein Antigen-Schnelltestergebnis von einem Corona-Testzentrum oder einer Apotheke einzuholen, um zu verhindern, dass diese Personen sich ebenfalls anstecken.
Externe Personen
Von externen Personen kann vor dem Betreten des Betriebsgeländes ein aktuelles Antigen-Schnelltestergebnis eingefordert werden. Hier kann es aus Gründen der Schutz- und Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber den eigenen Beschäftigten angemessen sein, wenn der Arbeitgeber von seinem Hausrecht Gebrauch macht und infektionsverdächtige externe Personen vom Betriebsgelände fernhält, wenn dadurch eine erhöhte Ansteckungsgefahr für die Beschäftigten gegeben ist. Da für alle Bürgerinnen und Bürger mindestens ein Schnelltest pro Woche kostenlos ist, können externe Personen diese Tests in jedem Testzentrum oder jeder Apotheke ohne eigenen finanziellen Aufwand durchführen lassen.
Grundsätzliche Unterschiede zwischen Antigen-Tests und PCR-Tests:
Aufgrund der geringeren Sensitivität und Spezifität von Antigen-Tests ist der Einsatz dieser Tests nur unter bestimmten Voraussetzungen eine sinnvolle Ergänzung zu anderen Maßnahmen des Infektionsschutzes. Damit ein Antigen-Test ein positives Ergebnis anzeigt, ist im Vergleich zur PCR-Testung eine größere Virusmenge notwendig (niedrigere Sensitivität). Das bedeutet, dass ein negatives Antigen-Testergebnis die Möglichkeit einer Infektion mit SARS-CoV-2 nicht ausschließt.
Antigentests weisen Proteine des SARS-CoV-2 nach, die PCR dessen Erbinformation. Grundsätzlich sind sowohl Sensitivität als auch Spezifität von Antigentests geringer als bei PCR-Tests:
- Während des PCR-Prozesses wird die gesuchte Nukleinsäure vielfach vermehrt, sodass auch niedrige Ausgangsmengen am Ende zu einem richtig positiven Nachweis führen. Hierzu genügen nur wenige Viruskopien. Beim Antigentest findet keine Vervielfältigung statt; die Menge an Virusmaterial im Ausgangsmaterial muss über einer bestimmten Schwelle liegen, damit der Test positiv ausfällt.
- Aus diesem Grund wirken sich auch mögliche Schwächen der Probennahme (Abstrichtiefe, Abstrichzeitpunkt) beim Antigentest stärker aus als bei der PCR.
- Die Bindung zwischen Antikörper und Antigen im Testsystem ist grundsätzlich auch anfällig für Kreuzreaktionen: Die im Test präparierten Antikörper binden manchmal unspezifisch an ähnliche Antigene, die nicht spezifisch sind für SARS-CoV-2. Dadurch wird die Rate an falsch Positiven höher als bei der PCR.
Alle zurzeit auf dem Markt befindlichen Antigen-Schnelltests müssen von eingewiesenen Personen angewendet werden, die die dafür erforderliche Ausbildung oder Kenntnis und Erfahrung besitzen. Entsprechende Arbeitsschutzmaßnahmen müssen dabei berücksichtigt werden. Der Hersteller eines In-vitro-Diagnostikums legt im Rahmen der Gebrauchsinformationen fest, für welche Anwendung sein Test vorgesehen ist. Ein Abweichen von dieser Zweckbestimmung kann für die Einrichtungen und Anwender mit haftungsrechtlichen Risiken verbunden sein.
In Bezug auf das anwendende Personal sehen Gebrauchsinformationen z.B. die Anwendung durch „medizinisches Fachpersonal“, „Fachanwender in medizinischen Laboren und geschultes Laborpersonal“, „geschultes klinisches Laborpersonal und Personen, die in der Versorgung vor Ort geschult und qualifiziert sind“ vor oder sprechen von „professioneller in-vitro-diagnostischer Verwendung“. Die genannten Begriffe sind nicht legaldefiniert und es gibt keine rechtssichere Zuordnung zu bestimmten Berufen. Daher muss die betroffene Einrichtung als medizinprodukterechtliche Betreiberin in einer Einzelfallbetrachtung prüfen, ob ein bestimmter Mitarbeiter die Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt und mit einer entsprechenden Einweisung für die Anwendung des betreffenden Tests (nach Gebrauchsinformation) ausreichend qualifiziert ist.
Vorteile und Grenzen der PCR-Tests:
Bei den PCR-Tests nimmt medizinisches Personal einen Abstrich aus dem Mund-, Nasen- oder Rachenraum der Testperson und schickt diesen zur Untersuchung in ein Labor. Findet das Labor in der Probe Erbgut des Virus, fällt der Test positiv aus. Bis die Ergebnisse vorliegen, vergehen in der Regel 24 Stunden oder mehr. Der Test ist dafür sehr genau und findet auch Viren in geringer Konzentration. Damit ist der Einsatz von PCR-Tests im Rahmen einer betrieblichen Teststrategie nur sehr begrenzt geeignet, um Infektionsketten unter den Beschäftigten zeitnah zu unterbrechen.
Vorteile der Antigen-Tests
- Können auch von Laien durchgeführt werden
- Sofortige Intervention möglich: Testergebnisse liegen sehr schnell nach ca. 5-20 Minuten vor
- Vielseitiger Einsatz: z. B. in Firmen, Schulen und zuhause möglich
- Früherkennung auch von asymptomatischen Patienten
- Infizierte, die mit einem Schnelltest nicht erkannt werden, haben meist eine geringe Viruslast und sind wahrscheinlich weniger ansteckend
Grenzen der Antigen-Tests
- Korrekte Probenentnahme ist besonders wichtig
- Liefern ein Ergebnis nur bei relativ hoher Viruslast
- Der Einsatzzweck muss im Hygienekonzept sinnvoll berücksichtigt werden (z. B. bei häufig wechselnden Innen- und Außenkontakten von Beschäftigten)
- COVID-19 Antigen Schnelltests können auch auf andere Virenarten und teilweise auch auf Bakterien reagieren (Kreuzreaktion). Ein positives Ergebnis sollte stets durch einen PCR-Test bestätigt werden
- Ist nur eine Momentaufnahme: wer heute negativ ist, kann morgen positiv sein
- Sollte im Hinblick auf Zusatz-Infos wie Symptomatik, Infektionsgeschehen interpretiert werden
- Auch bei negativem Test müssen die AHA-L Regeln beachtet werden
Qualitätsmerkmale der Antigen-Tests:
- Sensitivität:
Die Sensitivität gibt Auskunft darüber, ob alle Infizierten auch als infiziert erkannt werden. 98 % Sensitivität bedeutet z. B.: von 100 Infizierten werden 98 erkannt. Zwei werden nicht erkannt und sind „falsch negativ“. - Spezifität:
Gibt Auskunft darüber, ob gesunde Personen auch als gesund erkannt werden. 95 % Spezifität bedeutet z. B.: von 100 gesunden Probanden wurden 95 als negativ erkannt. 5 wurden „falsch-positiv“ getestet. - CE-Kennzeichnung
- In der BfArM-Liste für Sonderzulassungen nach §11 Absatz 1 Medizinproduktegesetz (MPG) enthalten
- Die Anforderungen des Paul-Ehrlich-Instituts sind erfüllt
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