Nichtvisuelle Wirkungen von Licht auf den Menschen
Die Augen sind nicht nur zum Sehen da
Vor einigen Jahren wurde im Auge des Menschen neben Zapfen und Stäbchen ein weiterer Rezeptortyp entdeckt. Dieser ist besonders empfindlich für Strahlung im blauen Bereich des sichtbaren Lichts. Die Rezeptoren dieses Typs sind nicht an der Entstehung von Bildern im Gehirn beteiligt. Sie justieren vielmehr über verschiedene physiologische Schritte im Körper unsere innere Uhr, d. h. sie sind unter anderem für die Einstellung bzw. Synchronisierung unseres Schlaf-Wach-Rhythmus‘ verantwortlich.
Normalerweise ist der Mensch am Tage aktiv und schläft in der Nacht. Dabei hat jeder Mensch einen individuellen Schlaf-Wachrhythmus, der in etwa die Länge eines Tages umfasst, d. h. 24 Stunden. Man bezeichnet ihn deshalb auch als zirkadianen Rhythmus (circa – ungefähr, dies – Tag). Durch das Tageslicht wird der individuelle Rhythmus jeden Tag neu auf die 24 Stunden synchronisiert. Je mehr der Mensch dem Tageslicht ausgesetzt ist, umso stabiler ist sein individueller Rhythmus eingestellt.
Neben Tageslicht kann aber auch künstliche Beleuchtung zu Hause oder am Arbeitsplatz diesen Rhythmus beeinflussen. Blaue Lichtanteile bewirken eine Unterdrückung des Schlafs und fördern dadurch die Wachheit und die Leistungsbereitschaft des Körpers. So können zum Beispiel durch künstliche Beleuchtung im blauen Lichtbereich Beschäftigte in Nachtschichten gezielt angeregt werden. Nach mehreren Nachtschichten unter solcher Beleuchtung beginnt der individuelle Rhythmus, sich zu verschieben. Das kennen viele etwa bei einem Jetlag nach Flügen in andere Zeitzonen der Erde.
Das Thema hat Auswirkungen auf Sicherheit und Gesundheit
Die Stabilität des individuellen Schlaf-Wachrhythmus ist wichtig für die Gesundheit. Wird dieser Rhythmus häufig oder über längere Zeiträume immer wieder gestört oder verschoben, können anhaltende Schlaf- und Gesundheitsproblemen die Folge sein. Falsche Beleuchtung zur falschen Zeit kann solchen Störungen oder Verschiebungen bewirken.
Bereits seit mehreren Jahrzehnten ist bekannt, dass die Leistungsfähigkeit des Menschen gegen drei Uhr in der Nacht ein Tief hat. Zu dieser Nachtzeit lässt sich statistisch ein Maximum von Fehlern und Unfällen im Tages-Nacht-Verlauf feststellen. Besonders Nachtschichtarbeitende müssen zu dieser Uhrzeit jedoch fit und leistungsbereit sein. Mit entsprechender künstlicher Beleuchtung können die Wachheit erhöht und somit diese Leistungstiefs aufgefangen werden. Zum einen führt das zu mehr Sicherheit, denn möglicherweise reduziert sich dadurch die Anzahl an Unfällen zur Nachtzeit. Dem steht jedoch entgegen, dass entsprechende künstliche Beleuchtung während der Nacht auf Dauer zu gravierenden Gesundheitsbeeinträchtigungen führen kann. Deshalb müssen für Spät- und Nachtschichtarbeit die Art und der Einsatz von Beleuchtung hinsichtlich ihrer nichtvisuellen Wirkungen sorgfältig abgewogen werden.
Unterstützung durch die Unfallversicherungsträger
Bisher gibt es noch nur wenige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu nichtvisuellen Wirkungen von Licht. Entsprechend schwierig ist es, jetzt schon Empfehlungen zu geben. Dennoch sind ein paar erste Hinweise sinnvoll:
- Aktuell liegen für künstliche Beleuchtung von Arbeitsplätzen – vor allem in großen Werkhallen - LEDs mit hohen spektralen Blauanteilen (tageslichtweiß) im Trend. Diese weisen nämlich eine gute Energiebilanz auf. Gerade diese LEDs können aber die beschriebenen negativen Wirkungen auf die Gesundheit zeigen.
- Am Abend und in der Nacht sollte helles Licht und Licht mit hohen Blauanteilen spätestens zwei Stunden vor dem gewohnten Schlafbeginn vermieden werden.
- Der Ausschuss für Arbeitsstätten (ASTA) des BMAS empfiehlt, in der Nacht Licht mit einer Farbtemperatur von weniger als 4.100 K zu verwenden. Von einer dauernden Beleuchtung durch kalte Lichtfarben hoher Beleuchtungsstärke sollte abgesehen werden.
- Das bezieht sich gleichermaßen auf die Nutzung von digitalen Endgeräten wie Computer, Tablets oder Smartphones, deren Bildschirmbeleuchtung oft hohe Blaulichtanteile aufweist.
- Bei Arbeit am Computer, Tablet oder Smartphone sollten spätestens zwei Stunden vor dem gewohnten Schlafbeginn spezielle Blaulichtfilter-Programme (z.B. f.lux, Night Shift oder weitere herstellerspezifische Blaulichtfilter-Apps) genutzt werden.
Das Sachgebiet Beleuchtung des DGUV Fachbereichs Verwaltung hat die beschriebenen nichtvisuellen Wirkungen von Licht zusammengetragen und als DGUV Information 215-220 „Nichtvisuelle Wirkung von Licht auf den Menschen“ ins WWW gestellt (http://www.dguv.de/webcode/d120879).
Empfehlung des ASTA: https://www.baua.de/DE/Aufgaben/Geschaeftsfuehrung-von-Ausschuessen/ASTA/pdf/Beleuchtung.pdf?__blob=publicationFile&v=2
Autorin: Hanna Zieschang, Institut für Arbeit und Gesundheit der DGUV